Ai Weiwei gehört zu den renommiertesten Künstlern der Gegenwart. Von China aus arbeitet er international und bedient sich souverän moderner Medien. Auf Instagram kann man ihn auf Schritt und Tritt begleiten. Er ist ein begeisterter Blogger und lässt keine Sparten der Kunst aus. Seine Installationen, zuletzt auf dem Gendarmenmarkt in Berlin, Performances und Bücher haben einen immensen Wirkungskreis. Spektakuläre Bilder gingen bei der Olympiade in Peking um die Welt. Für den Bau des Stadions war Ai Weiwei im Team.

Regelmäßig ist er Repressalien chinesischer Behörden und der Polizei ausgesetzt. Im Mai 2008 stürzten bei einem Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan Schulgebäude ein, die nachlässig gebaut worden waren, und begruben tausende Kinder unter sich. Nachdem sich die Behörden zu Ursache, Ausmaß und Schuld nicht äußerten, begann Weiwei mit einem Helferteam nach den verstorbenen Schülern zu forschen. Gemeinsam dokumentierten sie mehr als 5000 Namen der toten Kinder in Listen, die, kaum ins Netz gestellt, wieder verschwanden.

Die hier gezeigte Arbeit Illumination (Beleuchtung) ist die großgezogene Aufnahme eines Handyfotos von 2009. Im Vordergrund steht der Künstler, der sich selbst in seiner Umgebung mit der Handykamera aufnimmt. Er befindet sich in einem Fahrstuhl, zusammen mit seinem Künstlerfreund Zuoxiao Zuzhou und zwei Polizisten. Das Blitzlicht wird durch die verspiegelte Rückwand zurückgeworfen und setzt dem Bild einen zentralen Lichtpunkt über dem Kopf Ai Weiweis. Dieses Selfie entstand aus einem Verdacht heraus, kurz bevor Weiwei und Zuzhou in Polizeigewahrsam genommen wurden. Es existiert eine weitere Arbeit, Brain Inflation, die auf einem Röntgenbild die Fortsetzung des Dramas zeigt: Hirnblutungen, die der Künstler erlitt, nachdem ihn die Polizei in Chengdu verprügelte. Mit Illumination geht Weiwei buchstäblich ein Licht auf. Nach dieser Initialzündung staatlicher Gewalterfahrung arbeitet der von allen Seiten beobachte Künstler forciert politisch.

Foto: Ausstellungsansicht ‚Prozession, Performance und Licht‘, St. Thomas von Aquin: Ai Wieweit, Illumination, 2014, Courtesy Ai Weiwei, Foto © Marcus Schneider