St. Adalbert
Torstraße 168
10115 Berlin
REDUCTIO AD.
17. Juli bis 4. September 2016
Mit Werken von Darren Almond, Karsten Konrad, Andréas Lang, Jakob Mattner, Andreas Schmid, Qiu Shihua, Wang Shugang, Brigitte Waldach, Liu Wei + Peter Riek als Gast
Öffnungszeiten: Di-So, 12.00 – 18.00 Uhr, Eintritt frei
Eine Ausstellung in einer vom österreichischem Architekten Clemens Holzmeister (1886 bis 1983) geschaffenen, 1933 eröffneten Kirche, die, erstellt auf dem Gelände einer ehemaligen jüdischen Margarine-Fabrik einen Widerspruch in sich darstellt.
Versteckt im Berliner Kunstviertel Mitte, zugänglich über einen Hinterhof in der Torstrasse provoziert und provozierte sie zur Linienstraße hin. Kubische, turmartige Anbauten, sachlich, schmucklos – 1933 forderte der rote Backstein der Bischofskirche die zierfreudigen wilhelminischen Fassaden heraus.
Für den Passanten wird die nach rechts lagernde Asymmetrie deutlich, die sich im Inneren der Kirche fortsetzen soll. Profaner Grund in einem sakralen Gebäude: links des Altars ein platzfordernder Aufzug eingebaut, sodass der Altar selbst nicht im Zentrum des Gebetshauses steht. Geht der Beter den Mittelgang zwischen den Gebetsbänken entlang, wird er nie auf die Mitte des Altars, auf das architektonische Zentrum der Kirche stoßen. Er ist immer etwas ‚entrückt‘.
Clemens Holzmeister, Tiroler mit brasilianischer Staatsbürgerschaft, Katholik und Bruder weiterer 14 Geschwister machte sich durch die Feuerhalle Wien, dem großen Krematorium in Wien, sowie durch den Bau von rund zahlreichen weiteren sakralen und profanen Bauten in Österreich, Deutschland, Südtirol und der Türkei einen Namen.
1913 heiratete er die aus Innsbruck stammende Judith Bridarolli und stach damit seinen Nebenbuhler, den Tiroler Schauspieler und Regisseur Luis Trenker aus. Eine lebenslange Freundschaft zwischen Holzmeister und Trenker entstand. Der Filmemacher schenkte dem Architekten für die Ausstattung von St. Adalbert einen riesigen Kruzifixus, ein hölzerner Hohlkörper, und wohl Teil einer Filmkulisse, das in seiner modernen Umgebung wie ein Fremdkörper erscheint und doch seinen Platz gefunden hat.
St. Adalbert selbst wird so und in der ihr eigenen Widersprüchlichkeit zum ‚Hero‘ der Ausstellung und REDUCTIO AD. Der Titel bezieht sich auf eine Schlussfigur in der Beweistechnik der Logik: ‚Reductio ad absurdum‘ meint im Lateinischen die Zurückführung auf das widrig Klingende, Unpassende, Ungereimte und Sinnlose. Um das Gegenteil dieses Beweises anzutreten.
Der Taufstein in St. Adalbert findet sich außerhalb des Hauptschiffs wieder; Karsten Konrads Skulpturen werden an dem eigentlich für das Taufbecken vorgesehenen Platz auf dem Altar installiert. Die in die Hauptapsis gemalten Sternenhimmel fielen dem ‚Katholischen Bildersturm‘ in den 1970er Jahren zum Opfer; Darren Almonds Arbeit reflektiert den Sternehimmel über Patagonien, wie Brigitte Waldachs vier großformatige Zeichnungen zur ‚Notre-Dame de Paris‘, die Victor Hugo in seinem Roman ‚Der Glöckner von Notre-Dame‘ zur Person machte, das Moment des Lichts reflektiert.
Der an drei Seiten fenster- und so auch lichtlose Kirchenraum von St. Adalbert schafft die Voraussetzung für die Licht-Installationen von Andreas Schmid und Wang Shugang. Qiu Shihuas ‚Wüstenbild‘ und Andréas Langs ‚Shadow Monument‘ thematisieren Licht und Schatten auf ihre Weise.
Liu Weis großformatige, aus Stoff gefertigte Arbeit ‚Jungle 21‘ nimmt absichtslos den Faltenwurf der aus Mosaiken gefertigten Apostel-Gewänder im Altarraum auf; während Jacob Mattners abstrakt gehaltene Arbeit der Ausstellungskirche das klassische Triptychon, das dreiteilige Altarbild, zurück gibt. Kunstwerke und Künstler zeigen so einen Weg der Reduktion in die Vollständigkeit.
LIST OF ARTIST
Darren Almond | Karsten Konrad | Andréas Lang | Jakob Mattner | Andreas Schmid | Qiu Shihua | Brigitte Waldach | Wang Shugang | Liu Wei | Peter Riek