DAS KOPFTUCH DER MIGRANTIN / IHR KREUZ TRAGEN.
In St. Marien am Alexanderplatz
22. Mai bis 6. August 2016
Mit Arbeiten von Anna und Johannes Blume, Marta Deskur, Helen Escobedo, Julia Krahn, Alexandra Ranner + Peter Riek als Gast

Eröffnung: 22. Mai, Gottesdienst 10.30 Uhr; Säkular 12.15 Uhr
St. Marien am Alexanderplatz, Karl-Liebknecht-Str. 8, 10178 Berlin
Öffnungszeiten: täglich 10.00 – 18.00 Uhr, Eintritt frei.

Unsere Ausstellungreihe SEIN.ANTLITZ.KÖRPER. KIRCHEN ÖFFNEN SICH DER KUNST. entwickelt sich weiter. Nach Stationen im Berliner Dom, in St. Thomas von Aquin und St. Canisius am Lietzensee wurde am Pfingstsonntag die in- und außerhalb der katholischen Kirchengemeinde von St. Michael am Engelbecken kontrovers diskutierte vierte Hängung eröffnet.

Anna und Bernhard Johannes Blume, Kreuzweg, 2011, Courtesy KULTUMdepot Graz, aus: IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst (2011/12), © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Anna und Bernhard Johannes Blume, Kreuzweg, 2011, Courtesy KULTUMdepot Graz, aus: IRREALIGIOUS! Parallelwelt Religion in der Kunst (2011/12), © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Am Sonntag, den 22. Mai, lädt nun St. Marien am Alexanderplatz zu einer Präsentation mit dem Titel ‚Das Kopftuch der Migrantin. Ihr Kreuz tragen.‘ ein. Bei St. Marien handelt es sich um die älteste Berliner Gebetsstätte, erstmals urkundlich erwähnt ist diese – heute evangelische – Kirche der ‚heiligen Maria Mutter Gottes‘ gewidmet. Zahlreiche alte Mariendarstellungen in der Kirche zeigen die heilige Mutter mit Kopftuch, einem Kopftuch, wie sie auf der fotographischen Arbeit ‚Mutter‘ von Julia Krahn zu sehen ist. Mittig als Hüftstück portraitiert steht eine unbekleidete Frau dem Betrachter unmittelbar gegenüber. Ein weißes Tuch bedeckt ihr Haar und gleitet über die rechte Schulter hinab über die Armbeuge, der Blick konzentriert sich auf einen unsichtbaren Säugling, auf eine Leerstelle.

Kopftücher zeigt auch die 2003 geschaffene Arbeit ‚Fanshon‘ der polnischen Künstlerin Marta Deskur. Während eines Stipendiums im Berliner Künstlerhaus Bethanien fotografierte Marta Deskur die Kopftücher und Schleier von in Kreuzberg lebenden Frauen. Oft nimmt sie ihren Modellen das Gesicht, so dass nur noch die Tücher wie kleine textile Skulpturen zu sehen sind. Sie appliziert diese graphisch anmutenden Bilder auf Keramikfliesen, und hier erleben wir nicht nur Kopfbedeckungen der Muslima, sondern auch Nonnenschleier. Ikonographisch betrachtet verkehrt Deskur das berühmte Sudarium – das Tuch der Veronika, in das sich das ‚vera ikon‘, das wahre Antlitz Christi, abdrückte – indem sie den Schleier selbst in die Fliesen unzerstörbar einschreibt. Die Arbeit der Künstlerin wird in den gefliesten Fußboden des tiefgezogenen Altarraums der Kirche integriert.

Julia Krahn, Mutter, 2009, Courtesy of KULTUMdepot Graz

Julia Krahn, Mutter, 2009, Courtesy of KULTUMdepot Graz

In den so beschriebenen Altarraum integriert sich Alexandra Ranners Skulptur ‚ohne Titel (Haus II)‘. Ranner ist Professorin an der Berliner UdK/Universität der Künste. Die Künstlerin unterrichtet Architektur und so kreist ihre Arbeit stets um die syntaktische Aufladung von Architektur und Räumen. Bei der Skulptur ‚o T. (Haus II)‘ handelt es sich ursprünglich um das Modell eines aus Beton gebauten Hauses, das Ranner als Vorlage für einen Film Stück für Stück mit Hammer und Brecheisen zerstört. Das so absichtslos geschaffene Ergebnis erinnert an Medienbilder, die uns seit Jahren täglich konfrontieren: Zerstörte Häuser im Gaza, in Aleppo, in Damaskus und anderswo auf den Kriegsschauplätzen dieser Welt.

Alexandra Ranner, ohne Titel (Haus II), Courtesy of the Artist, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Alexandra Ranner, ohne Titel (Haus II), Courtesy of the Artist, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Helen Escobedo, Los Refugiados /Die Flüchtlinge (Ausschnitt), 2001 Courtesy of Frauenmuseum Bonn

Helen Escobedo, Los Refugiados /Die Flüchtlinge (Ausschnitt), 2001
Courtesy of Frauenmuseum Bonn