Ausstellungsansicht ‚Prozession, Performance und Licht‘ St. Thomas von Aquin: Richard Long, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016, Foto Marcus Schneider

Ausstellungsansicht ‚Prozession, Performance und Licht‘, St. Thomas von Aquin: Richard Long, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016, Foto Marcus Schneider

Der Brite Richard Long, Vertreter der Land Art, wird seit Jahrzehnten weit über seine Heimat hinaus für seine Kunst geschätzt. Allein die Vielzahl seiner Soloausstellungen ist außergewöhnlich. Umso mehr, als die in den 60er Jahren entstandene Land Art als ökologische Bewegung gegen den kommerziellen Kunstbetrieb entstand. Richard Long ist einer ihrer Wegbereiter. Zentrales Element seiner Arbeiten sind „Walks“, d.h. konzeptionelle Wanderungen, die der Künstler in der ganzen Welt durch möglichst zivilisationsferne Landschaften unternimmt. Das oft mehrtägige Wandern, die gleichförmige Bewegung des eigenen Körpers, sind Maßstab und Medium seiner Kunst. Dabei greift Long in seinen „Earth Work“ in die Landschaften ein und arrangiert gefundene Materialien wie Steine, Holz oder Torf zu temporären, ortsspezifischen Skulpturen. Long dokumentiert die Pfade und Werke textlich, fotografisch und mit Hilfe von Landkarten, bevor er sie der natürlichen Verwitterung überlässt.

Signifikant für seine Arbeiten ist das immer wiederkehrende Kreismotiv – für Long eine offene, integrierende Form. Auch Petrified Wood Circle, die bei uns erstmals in einer katholischen Kirche gezeigt wird, vereint fossiles Zedern- und Redwoodholz zu einem großen, drei Meter durchmessenden Kreis. Zedern wachsen sehr langsam. Ihr wertvolles Holz wurde in der Antike gern für Tempel und Paläste verwendet. König David ließ sich z.B. einen Palast aus Zedernholz erbauen (2 Sam 7,2). Ebenso war ein Teil der Ausstattung des ersten und zweiten Tempels in Jerusalem aus dem Holz der legendären Zedern des Libanon gefertigt, u.a. der Fußboden und der Altar (1 Kön 6,9-22). In der Bibel ist die Zeder über 70 mal erwähnt. Sie steht für Erhabenheit, Größe, Gerechtigkeit und Schönheit (Hld 5,15; Ps 92,13; Ez 17,22ff). Für kultische Rituale wurde ihr duftendes Harz, die Asche zur Herstellung von Reinigungswasser verwendet (Lev 14,4.6.49; Num19,6). Hier nun in einer katholischen Kirche in der Umgebung von Altar und Kreuz, im Gegenüber zur beuysschen Für Fußwaschung, entfaltet die Skulptur neue Dimensionen, die weit in die jüdisch-christliche Geschichte hinausreicht. Besucher sind eingeladen, einen kleinen Teil von Richard Longs Arbeitsweise zu imitieren und sich auf einen meditativen „Walk“ um den Circle zu begeben.

Ausstellungsansicht ‚Prozession, Performance und Licht‘ St. Thomas von Aquin: Richard Long, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016, Foto Marcus Schneider

Ausstellungsansicht ‚Prozession, Performance und Licht‘, St. Thomas von Aquin: Richard Long, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016, Foto Marcus Schneider