116 cm groß ist die Figur – ein sechsjähriges Kind? Nein, ein erwachsener Mann, dessen Körperproportionen mit einem „übergroßen“ Kopf die eines Kindes sind. Ein klein-wüchsiger Mann. Christina Doll hat diese Plastik aus Beton gegossen, so wie auch den großen Bobby, Elli, Vivi, Herrn Fuhl und andere Bilder von Menschen wie jenen, denen wir im Alltag, auf der Straße, oder im Park täglich begegnen. Doll beabsichtigt keine klassischen, heroischen oder verherrlichenden Porträtdarstellungen. Vielmehr nährt sie sich auf spiritueller, fast demütiger Art einer Idee des menschlichen Seins an, frei von Gesellschaft, Kultur, Beziehung, Kontext. Sie setzt dem Menschen an sich ein Denkmal, nicht seiner Tat. Und verändert damit gleichzeitig historische Konventionen.

Christina Doll, kleiner Bobby, 2008, Courtesy by artist

Christina Doll, kleiner Bobby, 2008, Courtesy by artist

Christina Doll wurde 1972 in Köln geboren. Sie studierte an der Kunstakademie Düsseldorf, lebt und arbeitet derzeit in Berlin. Ihre künstlerische Laufbahn begleiten von Beginn an Menschenportraits als Motiv und Materialien wie Keramik und Porzellan. Anfangs im Kleinen formt sie Plastiken von Menschen aus ihrem Umkreis. Später wird Doll auch überlebensgroß arbeiten. Durch die glatten, glänzenden Oberflächen und die lichte Einfarbigkeit der Glasuren wirken ihre Figuren immateriell und verweisen dadurch auf eine übergeordnete Idee, den Wert des Lebens und der Schöpfung. „Den Dingen und Menschen ein Moment von Überzeitlichkeit einzugestehen und dennoch in der Gegenwart verortet zu sein“, ist der Anspruch der Künstlerin. Auch der monochrom graue Beton entzieht Kleiner Bobby weitgehen die physische Sinnlichkeit einer Person und überführt ihn ins Transzendente, verwandelt ihn zu einer Erscheinung. Umso mehr, als dass er in einem Guss mit der betonenden Außenarchitektur von St. Canisius entstanden sein könnte. Kleiner Bobby steht am Eingang der Kirche, die in ihrem Inneren selbst durch Reduktion eine strenge sakrale Aura entfaltet. Und so begrüßt dieses ‚Prinzip Mensch‘ die Besucher und stimmt sie auf Ausdruck und Inhalt der Ausstellung ECCE HOMO? ECCE HOMO! in St. Canisius ein.